Im zweiten Quartal 2024 zeigt der Hays Fachkräfte-Index eine alarmierende Entwicklung: Unternehmen in Deutschland schreiben deutlich weniger Stellen aus. Diese Situation spiegelt eine tiefergehende wirtschaftliche Unsicherheit wider und beeinflusst den Arbeitsmarkt in vielerlei Hinsicht. Als Leser dieses Berichts möchte ich einige wichtige Erkenntnisse teilen und analysieren, welche Auswirkungen diese Entwicklungen auf die Zukunft der Arbeit in Deutschland haben könnten.
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Der allgemeine Rückgang der Stellenausschreibungen
Der Hays Fachkräfte-Index für das zweite Quartal 2024 zeigt einen signifikanten Rückgang der Stellenanzeigen über alle Berufsgruppen hinweg. Die Ergebnisse lassen aufhorchen, denn die Reduktion des Index um 52 Prozentpunkte auf einen Wert von 108 Prozent markiert den niedrigsten Stand seit dem dritten Quartal 2021.
– Wirtschaftliche Stagnation: Nach einer Phase relativer Stabilität in den letzten beiden Quartalen zeigt sich nun eine deutliche Abkühlung. Die wirtschaftliche Unsicherheit hat sich zu einem entscheidenden Faktor entwickelt, der die Nachfrage nach Fachkräften in nahezu allen Branchen beeinflusst.
– Niedrigster Stand seit Jahren: Der Indexwert von 108 Prozent liegt unter dem Tiefststand von 109 Prozentpunkten aus dem Vorjahr (Q3/2023) und signalisiert, dass die Unternehmen ihre Personalstrategien anpassen müssen, um in diesem schwierigen Umfeld zu bestehen.
Einbruch bei HR-Stellen: Ein Signal für strukturelle Veränderungen?
Besonders auffällig ist der drastische Rückgang der Nachfrage nach HR-Fachkräften. Diese Entwicklung deutet auf eine strategische Neuausrichtung der Unternehmen hin, die in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit ihre Ressourcen anders einsetzen.
– Rückgang um 92 Prozentpunkte: Die Nachfrage nach HR-Fachkräften ist um bemerkenswerte 92 Prozentpunkte auf 175 Punkte gesunken. Dies ist ein starkes Signal dafür, dass Unternehmen ihre Personalabteilungen restrukturieren und sich vermehrt auf bestehende Mitarbeiter und interne Prozesse konzentrieren.
– Betroffene Positionen: Besonders betroffen sind HR Business Partner (-221 Prozentpunkte), Recruiter (-115 Prozentpunkte) und HR Manager (-105 Prozentpunkte). Dies könnte darauf hindeuten, dass Unternehmen verstärkt auf Automatisierung und effizientere Prozesse setzen, anstatt neue Mitarbeiter einzustellen.
Florian Wagner, Bereichsleiter HR Interim & Projects bei Hays, fasst die Lage treffend zusammen: „Das Personalwesen legt aktuell einen klaren Fokus auf die Transformation der Organisation. Bisher vorgesehene Planstellen sowie angedachte Projekte wurden daher im vergangenen Quartal flächendeckend reduziert.“
IT-Stellengesuche: Ein unerwarteter Rückgang in einer kritischen Branche
Trotz der steigenden Bedrohungslage im Bereich Cybersecurity verzeichnet der IT-Sektor einen signifikanten Rückgang bei den Stellenausschreibungen, insbesondere bei IT-Security-Experten. Dies ist besonders überraschend angesichts der neuen EU-Regularien, die höhere Sicherheitsstandards erfordern.
– Reduktion um 53 Prozentpunkte: Die Zahl der Stellenausschreibungen im IT-Bereich fiel um 53 Prozentpunkte auf 120 Prozent. Besonders bemerkenswert ist der Rückgang bei IT-Security-Experten, wo die Nachfrage um 119 Prozentpunkte gesunken ist.
– Hohe Nachfrage bleibt bestehen: Trotz dieses Rückgangs bleibt das Suchvolumen mit 525 Prozent dennoch auf einem hohen Niveau. Andere IT-Berufe wie Entwickler Embedded Services (-84 Prozentpunkte) und IT-Architekten (-64 Prozentpunkte) sind ebenfalls betroffen.
Andreas Sauer, Bereichsleiter Technology bei Hays, kommentiert: „Viele Unternehmen haben auf die anhaltend herausfordernde wirtschaftliche Situation mit Umstrukturierungen und Sparmaßnahmen reagiert, denen auch neu geplante Stellen zum Opfer gefallen sind.“
Finanz-Fachkräfte: Eine relative Stabilität in unsicheren Zeiten
Im Finanzsektor zeigt sich die Nachfrage vergleichsweise stabil, obwohl auch hier ein Rückgang zu verzeichnen ist. Die Gründe dafür sind vielfältig, wobei die konjunkturelle Unabhängigkeit dieses Sektors eine wesentliche Rolle spielt.
– Moderater Rückgang um 32 Prozentpunkte: Die Nachfrage nach Finanz-Fachkräften ist im Vergleich zu anderen Bereichen weniger stark zurückgegangen. Mit einem Indexwert von 141 Prozent handelt es sich um den dritthöchsten Wert seit Beginn der Erhebung.
– Blick auf spezifische Positionen: Während Tax- und Compliance-Manager signifikante Rückgänge verzeichnen (-82 Prozentpunkte bzw. -71 Prozentpunkte), sind die Rückgänge bei Buchhaltern (-6 Prozentpunkte), Risikomanagern (-35 Prozentpunkte) und Controllern (-37 Prozentpunkte) eher moderat.
Erich Schwinghammer, Bereichsleiter Finance und HR bei Hays, betont: „Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz werden bereits Teile der Aufgabenstellungen im Finanz- und Rechnungswesen übernommen.“
Ingenieure: Rückgang auf ein Dreijahrestief
Die Nachfrage nach Ingenieuren hat einen historischen Tiefstand erreicht, was insbesondere auf die Unsicherheiten in der Automobilindustrie und im Bauwesen zurückzuführen ist.
– Rückgang um 47 Prozentpunkte: Der Bedarf an Ingenieuren ist auf den niedrigsten Wert seit dem dritten Quartal 2021 gesunken, mit einer Reduktion um 47 Prozentpunkte auf 79 Prozent.
– Betroffene Berufsgruppen: Projektingenieure (-65 Prozentpunkte) und Elektro-/Bauingenieure (-49 Prozentpunkte) sind besonders stark betroffen. Chemieingenieure (-11 Prozentpunkte) und Maschinen-/Anlagenbauingenieure (-16 Prozentpunkte) verzeichnen nur geringere Rückgänge.
René Gruner, Bereichsleiter Digital Technology and Engineering bei Hays, sieht die wirtschaftliche Unsicherheit als Hauptgrund für diesen Rückgang: „Insbesondere der klassische Automotive Sektor befand sich in den letzten Monaten stark im Abbaumodus.“
Sales & Marketing: Abkühlung in einer Wachstumsbranche
Die zweitgrößte Berufsgruppe, Sales- und Marketing-Spezialisten, erfährt ebenfalls einen deutlichen Rückgang der Nachfrage, was auf eine Reduzierung von Wachstumsinitiativen hindeutet.
– Rückgang um 52 Prozentpunkte: Die Nachfrage nach Sales- und Marketing-Fachkräften ist um 52 Prozentpunkte auf 81 Prozent gesunken.
– Starker Rückgang bei Digital Marketing: Besonders betroffen sind Digital Marketing-Experten wie Social Media-Manager (-227 Prozentpunkte) und Content-Manager (-170 Prozentpunkte). Diese Berufe hatten in den letzten Jahren ein enormes Wachstum verzeichnet, was den aktuellen Rückgang besonders bemerkenswert macht.
Juristen und Chemiker: Überdurchschnittlich starker Einbruch
Nach einem Allzeithoch im ersten Quartal 2024 hat die Nachfrage nach Juristen und Chemikern stark nachgelassen. Dies könnte auf eine Verschiebung der Prioritäten in Unternehmen hindeuten, die sich vermehrt auf interne Compliance- und Qualitätsmanagement-Prozesse konzentrieren.
– Rückgang bei Juristen: Die Nachfrage nach Juristen sank um 71 Prozentpunkte, wobei Datenschutzjuristen (-330 Prozentpunkte) und Senior Juristen (-218 Prozentpunkte) besonders betroffen sind.
– Rückgang bei Life Science-Spezialisten: Auch die Nachfrage nach Spezialisten im Life Science-Bereich ist um 63 Prozentpunkte zurückgegangen, mit einem besonders starken Rückgang bei Data Scientists (-286 Prozentpunkte).
Bau- und Dienstleistungsbranche: Ein Rückgang mit breiten Auswirkungen
Auch die Bau- und Dienstleistungsbranche verzeichnete einen deutlichen Rückgang der Stellenausschreibungen. Diese Entwicklung hat weitreichende Implikationen, da diese Branchen traditionell als Motoren der wirtschaftlichen Aktivität gelten.
– Rückgang im Baugewerbe: Die Nachfrage im Baugewerbe sank um 64 Prozentpunkte, während der Bereich Dienstleistungen für Unternehmen einen Rückgang um 61 Prozentpunkte verzeichnete.
– Öffentlicher Sektor als Ausnahme: Trotz des allgemeinen Rückgangs zeigt sich die öffentliche Verwaltung relativ stabil, mit einem überdurchschnittlich hohen Suchvolumen von +247 Prozentpunkten.
Fazit: Was bedeutet das für die Zukunft des Arbeitsmarktes?
Der Hays Fachkräfte-Index Q2/2024 sendet ein klares Signal, dass der deutsche Arbeitsmarkt in eine schwierige Phase eingetreten ist. Die wirtschaftliche Unsicherheit und die daraus resultierende Zurückhaltung bei Neueinstellungen könnten langfristige Auswirkungen auf die Struktur und Dynamik des Arbeitsmarktes haben.
– Verstärkte Fokussierung auf interne Ressourcen: Unternehmen werden wahrscheinlich weiterhin auf die Optimierung bestehender Ressourcen setzen, anstatt neue Mitarbeiter einzustellen.
– Zunahme von befristeten und projektbezogenen Anstellungen: In einem unsicheren Umfeld könnten temporäre Anstellungen und projektbezogene Arbeit weiter zunehmen.
– Veränderte Anforderungen an Fachkräfte: Die Nachfrage nach bestimmten Fachkräften, insbesondere im Bereich Digitalisierung und KI, könnte steigen, während traditionelle Rollen weiter zurückgehen.
Den Hays Fachkräfte-Index Q2/2024 finden Sie hier: https://www.hays.de/personaldienstleistung-aktuell/presse-mitteilung/fachkraefte-index-2024-q2-unternehmen-schreiben-weniger-stellen-aus
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